Go USA! Die Gründung mit einer amerikanischen inc.: Vorteile, Probleme und konkrete Umsetzung
Go USA! Die Gründung mit einer amerikanischen inc.: Vorteile, Probleme und konkrete Umsetzung
Mehr VC-Fonds, bessere Bewertungen, größerer IPO-Markt, weniger Regulierung und nicht zuletzt einer der kaufkräftigsten Binnenmärkte mit 300 Mio. Konsumenten - viele gute Gründe sprechen dafür, ein Unternehmen in den USA zu gründen.
Wir haben mehrere Investments vor Ort und beschäftigen uns als Company Builder sowohl für unsere eigenen Gründungen als auch für unsere Kunden regelmäßig mit der Frage, welcher Standort eigentlich ideal für eine Gründung ist.
Dieser Beitrag gibt einen ersten Überblick über wesentliche Vorteile (sogleich 1.) und Probleme (2.) sowie den Ablauf einer schnellen Gründung in den USA durch deutsche Unternehmer (3.).
1. Vorteile der Gründung mit einer US Gesellschaft
Gründer, welche in absehbarer Zeit US-Investoren an Bord holen möchten, sollten sich frühzeitig damit beschäftigen, eine für diese investierbare Struktur bereit zu stellen. Viele US-Investoren bevorzugen es, in eine amerikanische Gesellschaft investieren zu können. Selbst wenn diese nur eine Holding darstellt, welche wiederum eine operativ tätige deutsche Tochter hält, fühlen sie sich aufgrund der bekannten Dokumentation und Governance-Regelungen auf der Ebene ihres Einstieges wohler. Gerade bei noch sehr jungen Unternehmen mit überschaubarem Kapitalbedarf kann es vorkommen, dass US-Investoren den naturgemäß erhöhten Rechtsberatungsaufwand und Komfortverlust, der mit einem Einstieg in eine für sie ausländische Gesellschaft wie eine deutsche GmbH verbunden ist, scheuen.
Auch wenn erst in späteren Stadien, z.B. in Richtung IPO, ein Wechsel in die USA in Frage kommt, sollte das Thema rechtzeitig geprüft werden. Mit jedem Tag, mit dem ein Unternehmen in Deutschland arbeitet, wird seine Verlegung in die USA - der sogenannte “US-Flip” - komplexer, teurer und steuerlich unattraktiver. Es gibt zwar verschiedene Wege, diesen zu strukturieren aber in der Regel werden auf jedem Weg die stillen Reserven aufgedeckt und von Deutschland besteuert (z.B. im Rahmen der Wegzugsbesteuerung) - d.h. es werden vereinfacht gesagt Steuern auf die noch nicht der Bilanz des Unternehmens gezeigte Wertsteigerung fällig. Wenn also z.B. kurz nach dem US-Flip in den USA eine Finanzierungsrunde durchgeführt wird, dürften die Finanzämter grundsätzlich davon ausgehen, dass auf den Schritt von null auf diese Bewertung Steuern zu zahlen sind, ohne dass das Unternehmen tatsächlich entsprechende Gewinne erzielt hat. Diese Steuern treffen in der Regel das Unternehmen selber sodass das damit verbundene Risiko möglicherweise erhebliche Red Flags in der Due Diligence der Investoren hervorruft und der gewünschte Effekt einer besseren Finanzierbarkeit in den USA verpufft.
Diese Probleme können grundsätzlich auch nicht einfach mit einer späteren Gründung einer US-Tochter umgangen werden, da Investoren in der Regel in das Mutterunternehmen investieren möchten.
Vor diesem Hintergrund kann es durchaus empfehlenswert sein, direkt bei Gründung eine amerikanische Gesellschaft aufzusetzen und bei Bedarf den deutschen Teil des Teams in einer deutschen Tochtergesellschaft anzubinden.
2. Wesentliche Probleme
Die Vorteile einer Gründung in den USA müssen im Einzelfall sorgfältig mit den damit verbundenen Komplexitäten und langfristigen Kosten abgewogen werden.
2.1 Overhead
Zwar ist die Regulierung in den USA an sich unternehmerfreundlicher aber der Unterhalt eines Standortes dort mit Management, Steuerberatung, Buchhaltung etc. ist nicht umsonst. Ferner ist bekanntlich guter Rechtsrat in Amerika besonders teuer und in Anbetracht der drakonischen Strafen und Schadensersatzrisiken bei Regelverstößen vor Ort leider auch häufiger erforderlich als in Deutschland. Gleichwohl hat das dortige Start-up Ökosystem viele gute und kostengünstige Angebote für die laufenden Angelegenheiten junger Unternehmen hervorgebracht sodass dieser Punkt bei sorgsamer Auswahl der richtigen Partner kontrollierbar ist.
2.2 Substanz vor Ort
Unbedingt aber sollte das Setup des Unternehmens so aufgesetzt sein, dass es allein in den USA steuerlich ansässig ist. Wenn das Unternehmen auch in Deutschland steuerlich ansässig wird, muss es hier auch Steuern zahlen und es droht eine Doppelbesteuerung der Einkünfte - sowohl durch Deutschland als auch die USA. Solange das Unternehmen gar keine Einkünfte erzielt, gibt es auch keine Steuern zu zahlen sodass in diesem Stadium das Problem nicht virulent erscheint - allerdings gibt es das Risiko, dass bei späterer Auflösung der steuerlichen Ansässigkeit in Deutschland kurz vor Erreichen der Profitabilität die oben erwähnte Wegzugsbesteuerung auf die zwischenzeitlich angesammelten stillen Reserven greift.
Es gibt zwar ein Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung zwischen den USA und Deutschland aber die damit verbundenen aufwändigen Steuererklärungen und Prüfungen durch Steuerbehörden auf beiden Seiten des Atlantiks fressen Zeit und Beratungshonorare für teure Experten, schaffen Unsicherheit und auch das Problem der Wegzugsbesteuerung wird damit nicht gelöst, sodass diese Situation grundsätzlich vermieden werden sollte. Wenn es bei Gründung nicht möglich ist, die Ansässigkeit in Deutschland zu vermeiden, sollte sie zumindest möglichst schnell danach beseitigt werden.
Ein wesentliches Kriterium zur Beurteilung der steuerlichen Ansässigkeit ist der Ort des vertretungsberechtigten Managements. Sollten also die Gründer langfristig in Deutschland bleiben wollen, müsste eine Struktur gewählt werden, in welcher diese nicht die Geschicke der US-Gesellschaft steuern - was möglich, aber kein Selbstläufer ist.
3. Ablauf - Gründung 24/7 online binnen einer Stunde möglich
Wer schon einmal eine Gesellschaft in Deutschland gegründet hat, wird schon direkt bei der Gründung in den USA unmittelbar den Geist der schier unbegrenzten unternehmerischen Freiheit spüren. Anstelle von Notarterminen und Belehrungen, umständlichen und vergleichsweise teuren Prozessen bei Eröffnung eines Geschäftskontos, Handelsregisteranmeldungen, IHK usw. kann man in den USA innerhalb von weniger als einer Stunde mit ein paar sehr überschaubaren Online-Formularen startklar sein. Grob sind folgende Schritte zu durchlaufen:
1. Auswahl eines Bundesstaates: Formalitäten und Besteuerung unterscheiden sich von Bundesstaat zu Bundesstaat. Wenn es keine spezifischen Gründe für eine Gründung in einem bestimmten Bundesstaat (wie z.B. lokale Fördergelder oä.) gibt, dürfte die Wahl auf Delaware fallen - dieser Bundesstaat hat aufgrund seiner unternehmensfokussierten Regulierung eine hohe Zahl von Unternehmen angezogen, was wiederum eine sehr gute Infrastruktur für Gründungen, hohe Rechtssicherheit und Beliebtheit bei Investoren mit sich bringt.
2. Ermittlung der Rechtsform: Klassischerweise wird hier für Unternehmer analog zur deutschen GmbH nur eine Inc (besteuert als sog. “C-Corp”) in Frage kommen. Das amerikanische Recht kennt aber auch diverse weitere Rechtsformen, sodass z.B. eine Struktur analog zu einer deutschen GmbH & Co. KG ebenfalls darstellbar ist.
3. Registrierung eines virtuellen Offices und Registered Agents: Sollte das Unternehmen noch kein physisches Büro in den USA haben, kann noch vor der eigentlichen Gründung der Gesellschaft eine Postadresse auf ihren Namen gemietet werden. Viele Dienstleister für solche Adressen bieten außerdem eine Service als sogenannter Registered Agent an - in jedem Bundesstaat, in dem die Gesellschaft aktiv ist, muss sie ohnehin einen solchen offiziell registrierten Agenten haben, an welche im Zweifel Klagen etc. zugestellt werden können.
4. Gründung der Gesellschaft: Bei dem Secretary of State muss ein Certificate of Incorporation eingereicht werden. Dieses enthält die wesentlichen Eckpfeiler der Verfassung der Gesellschaft (Name, Stammkapital, Registered Agent etc), ist grundsätzlich aber deutlich weniger komplex als die Satzung einer GmbH und kann elektronisch unterschrieben werden. Auch spätere Änderungen werden elektronisch eingereicht. Die Einreichung bei dem Secretary of State kann eigenhändig vorgenommen werden - anders als beim deutschen Handelsregister, welches den Gang zu einem Notar fordert. Alternativ bietet sich die Hilfe eines der diversen online-Dienste dafür an, welche für eine besonders reibungslose Abwicklung sorgen. Z.B. befüllen sie markterprobte Musterdokumente mit den Daten des Unternehmens und prüfen vor der Registrierung, ob der Name des Unternehmens schon anderweitig vergeben ist.
5. Beantragung Steuernummer: Vor Aufnahme des Geschäftstätigkeit sollte mit der Bundessteuerbehörde der USA (der IRS) eine Steuernummer beantragt werden - die sogenannte Employer Identification Number (EIN) - auch wenn die Gesellschaft noch keine Mitarbeiter hat oder haben wird. Wenn der Beantragende über eine US-Social Security Nummer verfügt, kann dies ebenfalls online erfolgen und die Zuteilung erfolgt automatisiert binnen Sekunden.
6. Meldung als ausländisches Investment. Neben der Registrierung der Gesellschaft bei den Steuerbehörden ist es erforderlich, bei dem Bureau of Economic Analysis die Gesellschaft als ausländisches Direktinvestment zu melden (sog. Form BE-13, ebenfalls online möglich). Diese Meldung dient derzeit nur statistischen Zwecken aber ein Verstoß ist mit empfindlichen Strafen belegt und dürfte spätestens bei einer öffentlichkeitswirksamen Finanzierungsrunde auffliegen, sodass auch diese Meldung nicht versäumt werden sollte.
Damit ist die Gründung abgeschlossen - sie kann komplett online und nur mit einer Kreditkarte durchgeführt werden.
Um faktisch geschäftlich tätig zu werden, ist natürlich trotzdem ein Bankkonto erforderlich. Für eine Kontoeröffnung bei einer normalen amerikanischen Bank ist es erforderlich, dass diese von dem vor Ort tätigen US-Geschäftsführer durchgeführt wird. Allerdings gibt es auch spezialisierte Anbieter, welche US-Bankkonten (inkl. Kreditkarte) für US-Gesellschaften durch Gründer aus dem Ausland kostenlos und zügig eröffnen lassen.
Nach Eröffnung des Bankkontos können die ersten Gesellschafter dann von dem Unternehmen ihre Anteile erwerben - selbstverständlich kann dieser Prozess wieder rein digital abgebildet werden.
4. Eine strategische Entscheidung
Letztlich ist die Entscheidung der Gründung einer US Gesellschaft abhängig von den übergeordneten Unternehmenszielen und die Vorteile müssen sorgfältig mit den damit verbundenen Problemen abgewogen werden. Wenn Zugang US-Kapitalmarkt beabsichtigt ist, sollte dies aber auf jeden Fall frühzeitig geprüft werden.
Wir helfen hierbei gerne und können unsere Erfahrung sowie unser Netzwerk an spezialisierten Dienstleistern und Beratern gewinnbringend einsetzen.
Erfahren Sie mehr über die Gründung einer US Gesellschaft:
felix.scheder-bieschin@truventuro.com

Der Autor Dr. Felix Scheder-Bieschin ist Partner bei TruVenturo und als Rechtsanwalt sowie Syndikusrechtsanwalt tätig. Dieser Beitrag stellt allerdings keine rechtliche oder steuerliche Beratung dar und weder TruVenturo oder Portfoliounternehmen von TruVenturo bieten rechtliche oder steuerliche Beratung an. Die Gründung einer Gesellschaft ist eine weitreichende und komplexe Entscheidung, welche nur nach sorgsamer Prüfung des Einzelfalles in Zusammenarbeit mit spezialisierten Experten getroffen werden sollte.

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